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LINKSWALZER
Installation aus Lärchenholz, 2017
im Rahmen von art contains, Initiatorin: Gertrude Moser-Wagner, Institut für Interaktive Raumprojekte in Zusammenarbeit mit KIÖR
16.-21.07.2017 am Murfeld in Kaindorf
in Zusammenarbeit mit art contains im Rahmen des Projektes STUBENrein,
LEBENS-RÄUME in der Holzwelt Murau, TANZSTUBE
ein Projekt von Andreas Staudinger, Kuratorinnen: Gunilla Plank, Ulli Vonbank-Schedler
Eröffnung: 09.09.2017, Seniorenheim in Teufenbach
Der aus der Volkskultur stammende Walzer entwickelte sich etwa ab dem 15. Jahrhundert aus Drehtänzen und wurde früher auch auf der Wiese getanzt. Die Installation Linkswalzer bringt
nun den Walzer vom Parkett der Tanzsäle der Hochkultur wieder zurück auf die Wiese und zeigt den Prozess der Kultivierung. Die ursprünglich ausgelassenen, hüpfenden und walzenden
Drehbewegungen der Geschlechter in enger und geschlossener Körperhaltung waren zunächst verboten. Erst viel später wurde der Walzer in gezähmter und kultivierter Form als "gesitteter
Gesellschaftstanz" akzeptiert.
Während die 2015 für den kunstGarten in Graz entwickelte Installation LUST:Wandeln auf die Wiese gelegte Ausschnitte des Tanzparkettbodens der „feinen“ Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zeigte, verwies die für das Projekt art contains produzierte Installation LINKSWALZER von Doris Jauk-Hinz aus Lärchenholz der Region Murtal, auch metaphorisch gesehen, auf die Bedeutung des Tanz-Bodens als Naturraum. Eine weitere Fassung der Installation im Park des Seniorenheimes in Teufenbach im Rahmen des Projektes STUBENrein / Tanzstube betritt nun den gelebten, sozialen Raum und erweitert den Wirkungsbereich von Kunst in den öffentlichen Raum. |
Flyer ART CONTAINS 2017, Zeichnung: Doris Jauk-Hinz zu LINKSWALZER, Foto:LUST:Wandeln, 2015 © kunstGarten Graz, Prototyp LINKSWALZER |
LINKSWALZER, Installation am Murfeld in Kaindorf, 2017. Foto: Gertrude Moser-Wagner LINKSWALZER, Installation im Park des Seniorenheimes Teufenbach, 2017. Foto: Doris Jauk-Hinz |
Information zum Walzer, als Spiegel der Gesellschaft: Die Entstehungsgeschichte des Walzers ist aufgrund mangelnder und widersprüchlicher Quellen bis heute nicht gänzlich erforscht, literarische Überlieferungen ab dem 15. Jahrhundert und handschriftliche Notizen dienten dafür als Grundlage. Volkstümliche Drehtänze wie der Dreher, Weller, Spinner oder Schleifer aus dem deutschsprachigen, vor allem aus dem österreichisch-bajuwarischen Raum, zählen zu den Vorläufern des Walzers als Gesellschaftstanz ab dem 18. Jahrhundert. Die Bezeichnung Walzer bezieht sich offenbar auf den Bewegungsablauf des Walzens und Drehens (vgl. Flotzinger 1998)1. Körpernähe und wilde, hüpfende Drehbewegungen der Tanzpaare waren auf dem Parkett des Gesellschaftstanzes der Hochkultur verboten und wurden bestraft, später wurde der Walzer in gezähmter und gesitteter Form gesellschaftstauglich. Besonders Frauen war diese Form des ekstatischen Tanzes untersagt, Abweichungen von codiertem Verhalten waren verpönt und lösten noch Ende des 18. Jahrhunderts heftige Reaktionen aus. Beispielsweise wetterte Marianne Ehrmann2 im süddeutschen Raum gegen einen „unsittlichen und für die Gesundheit so gefährlichen Tanz“. Auswahl von Zitaten zum Walzer von 1734 - 1830 Auch gesellschaftliche Umbrüche manifestieren sich im Umgang mit Tanzformen: Monika Fink (2014)3 schreibt: „Der Aufstieg und Werdegang des Walzers entspricht einem Muster in der Tanzgeschichte, das häufig bei Phasen gesellschaftlichen Auf- und Umbruchs wiederkehrt und sich im 20. Jahrhundert noch mehrmals wiederholen sollte. Die Sozialwissenschaftlerin Gabriele Klein hat sich mit diesem Muster in ihrer Zivilisationsgeschichte des Tanzes beschäftigt (Klein 1992: insb. 97-123)4. Im Wunsch nach einem lustbetonten Tanzen, wie er sich im ursprünglichen, unter dem Sammelbegriff „Walzer“ zusammenfassbaren Tanzen ausdrückt, greifen Randgruppen der Gesellschaft volkstümliche oder auch exotische Tanzformen auf. Kurzfristig lancieren sie ein Bewegungsrepertoire, das von den Oberschichten als anarchisch empfunden, aber sukzessive übernommen wird, während es gleichzeitig umgeformt und der Tanzästhetik angepasst wird. In umgekehrter Richtung von oben nach unten verbreitet sich nun der gezähmte oder zivilisierte Tanz als ästhetisch normierter Gesellschaftstanz. So wurde auch gegen die Wende zum 20. Jahrhundert der Walzer seinerseits als Ausdruck eher verkünstelter und überkommener Denkmuster gesehen (Herzog 1999)5. Ab einer Zeit, wo man sich auf der Tanzfläche als selbständiges Individuum bewegen konnte, galt der Walzer als Inbegriff bürgerlicher Rollenkonvention auf dem Tanzparkett. Wiederum wurde neue Ursprünglichkeit im Tanzen eingefordert, und wiederum fanden sich diesmal afroamerikanische Vorbilder, die in immer kürzeren Schüben auftauchten und ebenso rasch abendländische Glättungen erfuhren (Fink 2001: 163-178)6. Wie beim Walzer wiederholte sich bei jedem neuen Gesellschaftstanz der schwärmerische Anspruch auf mehr Individualismus und ein freies, lustbetontes Körpergefühl.“ Literatur: 1 Rudolf Flotzinger: Walzer, in: Ludwig Fischer (Hg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik. Sachteil, 9. Band, Kassel u.a., zweite, neubearb. Ausgabe, 1998: 1873f. 2 Marianne Ehrmann (1755-1795), Schauspielerin, Schriftstellerin, Journalistin. Verlegerin der Frauenzeitschrift: Amaliens Erholungsstunden, 3.Jg., 1792, 3. Bändchen. 3 Monika Fink: „Verrufen- verfemt – verehrt“. Zur sozialen Stellung des Walzers aus der Sicht der Tanzmeister, in: Thomas Nußbaumer, Franz Gratl (Hg.): Zur Frühgeschichte des Walzers. Universitätsverlag Wagner, Innsbruck 2014; 117-123. 4 Gabriele Klein: FrauenKörperTanz. Eine Zivilisationsgeschichte des Tanzes, Berlin 1992. 5 Mirko Herzog: „Mund an Mund, Brust an Brust, sich in wirbelnden Reihen drehen“. Vom Menuett zum Walzer: Zum Wandel der Tanzformen um 1800. 6 Monika Fink: „Der Tango. Getanzter Spiegel gesellschaftlicher Wirklichkeit“, in: Jeff Bernhard / Gloria Withalm (Hg.): Signs, Music, Society 1.European Journal of Semiotic Studies. Vol. 13 – 1-2, Wien – Budapest – Madrid -Perpignan 2001; 163-178. |
Dank an: Institut für interaktive Raumprojekte, Wien; Elisabeth Fiedler, KIÖR-Kunst im öffentlichen Raum, Steiermark; Gemeinde St. Georgen am Kreischberg; Gunilla Plank, Büro Holzweltkultur; Gertrude Niegelhell; Richard Wirnsberger, Outdoor-Skischool; Woody Park Murau-Kreischberg; Christian Steinwender; Familie Wagner; Ludwig Moser; Nachbarn und Mitglieder der örtlichen Musikkapelle. STUBENrein; Gemeinde Teufenbach; Johann Gruber, Heimleiter im Seniorenheim Teufenbach. Sponsoring: BKA-Kunst, KUNST IM ÖFFENTLICHEN RAUM, HANSMANN Leben mit Holz, Bau und Möbeltischlerei NIEGELHELL, Murauer Bier |
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